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Minis on tour - gemeinsam unterwegs in die Hauptstadt

Es war ganz schön was los, am Montag der ersten Ferienwoche auf dem Bahnsteig in Mellrichstadt. 45 Ministrantinnen und Ministranten aus dem Pastoralen Raum Mellrichstadt und sechs Betreuer machten sich auf den Weg nach Berlin.

Die Fahrt mit dem Zug nach Erfurt sollte bereits der erste Stresstest sein, sowohl für die Reisenden als auch für das Zugpersonal. In Erfurt dann die nächste Überraschung: der ICE mit den reservierten Plätzen war ersatzlos gestrichen. Aber Gott sei Dank gab es auch im nachfolgenden Zug genügend Platz, so dass wenigstens dieser Teil der Fahrt nicht ganz so schweißtreibend war.

Am späten Nachmittag erreichte die Reisegruppe aus der Rhön ihre Unterkunft ganz in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofes. Nach dem Bezug der Zimmer, ein paar nötigen Einkäufen und dem Abendessen stand ein Abendspaziergang auf dem Programm, um sich ein wenig orientieren und erste Eindrücke sammeln zu können. Kanzleramt, Reichstag, Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Siegessäule, Schloss Bellevue. Wer bis dahin noch nicht müde war, war es spätestens jetzt.

Der Dienstag startete mit einer Stadtführung auf dem Fahrrad. In vier Gruppen radelten die Rhöner zu den „Berliner Highlights“ wie Museumsinsel, Dom, Stadtschloss, Hedwigs-Kathedrale, Prachtstraße „Unter den Linden“ und Brandenburger Tor. Der ein oder andere Regenschauer tat der guten Laune keinen Abbruch. Es wurden auch verschiedene größere und kleinere Denkmäler angefahren, die an die Teilung Deutschlands und Berlins erinnern. Vor allem an der Gedenkstätte in der Bernauer Straße bekamen die Jugendlichen, die dieses Kapitel in der Geschichte Deutschlands nur aus Geschichtsbüchern kennen, einen beeindruckenden und zugleich erschreckenden und beklemmenden Eindruck des mörderisch gesicherten Grenzverlaufs zwischen Ost und West.

Am Nachmittag hatten dann alle viel Zeit zur freien Verfügung, um die Hauptstadt auf eigene Faust zu erkunden. Zum Abschluss des Tages ging es dann noch ins Kino am Potsdamerplatz, wo für jede Interessens- und Altersgruppe etwas geboten war.

Am Mittwoch Vormittag besuchte die Reisegruppe den Reichstag. Nach einem ausführlichen Sicherheitscheck im Außenschalter mit Identitäts- und Röntgenkontrolle wurden die Jugendlichen und ihre Betreuer in zwei Gruppen zum Besucherbereich geführt, natürlich nicht, ohne auch hier noch einmal eine Sicherheitsschleuse passieren zu müssen. Auf der Besuchertribüne lauschten dann alle einem Vortrag über den historischen und modernen Bau des Reichstags sowie die Arbeit des Bundestages. Nach dem Vortrag, bei dem auch Fragen aller Art gestellt werden konnten, wurde die Kuppel emporgestiegen, von der aus man mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt belohnt wurde.

Tierisch-viel Spaß wurde nach einer kleinen Mittagspause im Zoo geboten. Aufgrund der Größe der Gruppe war auch hier wieder eine Aufteilung in drei Kleingruppen nötig.  Gemeinsam mit einem erfahrenen Guide gingen diese auf eine spannende Entdeckungstour und erfuhren beeindruckende Fakten über die faszinierende Tierwelt. 

Knallbunt wurde es am Abend beim Besuch der Bühnenshow „Blue Man Group“ in dem eigens dafür gebauten Stage-Bluemax-Theater. Die Show ist für ihre einzigartige und schräge Mischung aus Musik, Comedy, visuellen Effekten und interaktiven Elementen bekannt. Die Performer sind blau, sie sind zu dritt, sie tragen Glatzen und geben keinen Mucks von sich – und doch machen sie auf der Bühne eine Menge Rabatz, unter anderem auf eigens entwickelten Schlagzeugen und Klangkörpern, Rohren und Schläuchen. Nach der Vorstellung nutzen viele die Gelegenheit, mit den Blue Men in Kontakt zu treten, mit ihnen zu interagieren und Erinnerungsfotos zu machen. Kommunikation ohne zu sprechen, ein bisschen wie von einem anderen Planeten, ein bisschen verrückt, aber lustig und verbindend. Der Funke ist jedenfalls auf die Gruppe übergesprungen, mit Nachwirkungen bis hinein in die U-Bahn-Station und auf den Nachhauseweg.

Ernster wurde es am Donnerstag. Neben der Teilung Deutschlands kann man bei einem Aufenthalt in Berlin noch vor einem weiteren düsteren Kapitel der Geschichte die Augen nicht verschließen: die Zeit des Nationalsozialismus, zu dessen Politik und Ideologie auch die Verfolgung und Vernichtung angeblich minderwertiger und gefährlicher „Rassen“ gehörte.

Ein lebendiger Ort des Dialogs und der Reflexion jüdischer Geschichte und Gegenwart in Deutschland ist das Jüdische Museum. Gerade in einer Zeit eines erstarkenden Antisemitismus war Pfarrer Thomas Menzel der Besuch dieses Museum wichtig, um sich differenziert und sachlich mit dem Judentum auseinanderzusetzen und gerade die junge Generation sprach- und diskussionsfähig zu machen und einfachen und oberflächlichen Positionierungen vorzubeugen.

Zwei Gruppen lernten in den jeweiligen Führungen jüdische Rituale und Gebote kennen. Objekte und Alltagsgegenstände erzählten von jüdischer Lebenspraxis und gaben Einblicke in die Vielfalt innerhalb des Judentums. Zwei weitere Gruppen – mit den älteren Jugendlichen – beschäftigten sich speziell mit dem Zeitraum zwischen 1933 und 1945. Auch hier dienten eindrückliche Objekte sowie persönliche Dokumente dazu, sich einzelnen Biographien anzunähern und nachzuvollziehen, wie diese auf die Katastrophe reagierten.

Teil aller Führungen war auch eine Einführung in die weltbekannte Architektur des Museums. Ein Zick-Zack-Bau, unterirdische Achsen, schiefe Wände und unklimatisierte Betonschächte: der Libeskind-Bau erzählt auf ganz eigene Weise von der deutsch-jüdischen Geschichte.

Eine weitere Gedenkstätte, die an die Opfer der Unrechtsurteile der NS-Justiz erinnert, ist die Gedenkstätte Plötzensee. Auch dorthin machten sich die Ministrantinnen und Ministranten nach einer Mittagspause auf den Weg. Die Gedenkstätte besteht aus dem ehemaligen Hinrichtungsraum sowie einem Gedenkraum für die Opfer, die meisten von ihnen politische Gegner der Diktatur oder Angehörige oppositioneller Widerstandsgruppen. An einem Terminal konnten die Lebensdaten aller in Plötzensee ermordeten Menschen eingesehen werden.

Ganz in der Nähe befindet sich die „Gedenkkirche der deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus“ Maria Regina Martyrum. Direkt neben der Kirche befindet sich ein Kloster, der Karmel Maria Martyrum. Pfarrer Thomas Menzel kennt das Kloster seit seiner Zeit als Pastoralpraktikant in Miltenberg. Schwester Mirjam empfing die Gruppe aus dem Pastoralen Raum Mellrichstadt im großen, von hohen Mauern umgebenen Hof und freute sich sichtlich über so viele junge Menschen. „Was für ein schönes Bild“, so Schwester Mirjam. Und sie versprach – nachdem sie von dem bereits absolvierten anstrengenden Tagesprogramm gehört hatte, sich bei ihren Ausführungen über die Kirche kurz zu halten.

Der dunkle Innenhof soll an die dunkle Vergangenheit, an einen Appellplatz, erinnern. Darüber thront der lichte und strahlend leuchtende, schwebende Kubus der Kirche. „Er erstrahlt als Hoffnungszeichen über dem Dunkel, ein Symbol für die Himmelswelt, ein Licht, das in uns hineinwirkt“, erklärte Schwester Mirjam.

Beim Betreten der Kirche gelangt man zuerst in die Unterkirche. Dort befindet sich vor einer Goldwand, die als Trennwand zwischen dem Gedenkraum und der Andachtskapelle der Schwestern dient, die von Fritz Koenig geschaffene „Pietà“, die Schmerzensmutter Maria, die den Leichnam ihres Sohnes Jesus auf ihrem Schoß hält. Schnell erkannten die jungen Leute, dass diese Skulptur wie eine Schale geformt ist, in der man sich aufgehoben und geborgen fühlen kann.

Eine Treppe führt nach oben zunächst in die kleine Taufkapelle und dann in den großen Kirchenraum, dessen Betonwände fensterlos sind. Das Licht dringt ausnahmslos auf indirekte Weise in den Kirchenraum ein. Das große farbige Wandbild von Georg Meistermann zeigt die Vision des Himmlischen Jerusalem aus der Offenbarung des Johannes. Es schließt den Kirchenraum nach Osten ab – zur aufgehenden Sonne hin als Symbol für den auferstandenen Christus und zugleich ist es ausgerichtet auf die Gedenkstätte Plötzensee, die etwa 1,5 Kilometer östlich der Kirche liegt. Auch hier zeigte sich Schwester Mirjam erstaunt über das, was so manche Jugendliche alles in diesem Bild sehen und wie sie es interpretierten. „Sie haben hier ja eine ganz tolle Truppe“, resümiert sie im anschließenden Gespräch mit den Betreuern. Zum Abschluss des Besuchs betete die Gruppe zusammen mit den sechs Schwestern die Vesper, das Abendgebet der Kirche. Und dann verewigten sich alle noch im Gästebuch.

Ein wirklich anstrengender Tag, sowohl inhaltlich als auch körperlich, schließlich mussten einige Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden. Deshalb hatten sich am Abend alle eine Stärkung verdient und wurden in eine Pizzeria eingeladen, die den gesamten Innenraum des Restaurants eigens für die Gruppe reserviert hatte. Auch wenn so manche Pizza – für alle frisch im Steinofen gebacken – lange auf sich warten ließ, am Ende strahlten die Gesichter. Und gemäß der heutigen Jugendsprache lautete das Motto: „Ey Digga, ich bin so glücklich, Digga.“

Von „Sport und Spaß“ war der Freitag geprägt. In großer Vorfreude und voller Tatendrang ging es zur Anlegestelle der Kanustation im Stadtteil Treptow. Bei bestem Kanu-Wetter wurden nach Einweisung und Paddel-Crashkurs die Schwimmwesten angelegt, die Paddel geschnappt und die Kanus zu Wasser gelassen. Bei über 50 Leuten kein schnelles Unterfangen, aber es funktionierte reibungslos. „Ihr seid ein gutes Team“, so der Touren-Guide. Und dann: 18 Boote setzen sich in Bewegung – ein Blickfang und Fotomotiv für die Spaziergänger am Ufer. Wer noch überschüssige Energie hatte, konnte nun so richtig Gas geben. Vorbei an Frachtschiffen, Hausbooten – teils mit freundlichen, teils mit genervten Bootsbesitzern, an schwimmenden Saunas und Whirlpools, ging es in Richtung Kulturhaus-Insel. Von dort aus wurden zwei weitere kleine Spreeinseln umrundet und dann wieder Kurs auf die Anlegestelle genommen. Und zum Schluss kündigte der Guide ein Wettrennen an. Und schon schallte es auch schon laut über die Spree: „Hopp, hopp, hopp.“ „Los, los, los“. „Und eins und zwei, und eins und zwei“. Und was von weitem so aussah, als seien auf den letzten Metern noch zwei Boote gekentert, entpuppte sich als ein „freiwilliger“ Sprung in die Spree der Paddel-Sieger! Was für ein tolles Erlebnis - mit frischer Luft, Bewegung und echtem Teamgeist.

Sowohl der Freitag Nachmittag wie auch der Samstag Vormittag waren frei. Es konnten letzte Besorgungen gemacht, bisher noch unbekannte Sehenswürdigkeiten angeschaut oder auch einfach nur gechillt werden.

„Auf Wiedersehen, Berlin“ hieß es dann am Samstag Nachmittag. Der Großteil der reservierten Plätze befand sich zwar in einem Waggon, der aufgrund von ausfallender Klimaanlage und Frischluftzugfuhr gesperrt, war. Aber eine besorgte Zugbegleiterin kümmerte sich darum, dass alle einen Sitzplatz bekamen. Erschöpft, durch kurze Nächte etwas ermüdet, aber zufrieden und gut gelaunt erreichte die Gruppe nahezu pünktlich den Mellrichstädter Bahnhof, wo die Eltern schon auf ihre Sprösslinge warteten. Und beim Abschied wurde eines sehr deutlich: Alle hatten viel Spaß und Freude, Freundschaften wurden gestärkt, unvergessliche Momente und bleibende Erinnerungen waren im Gepäck. Und genau so sollte es sein!

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